In bzw. nach der Finanzkrise 2008, ist es der humanistisch-emanzipatorischen Zivilgesellschaft nicht gelungen, die kapitalistischen Ideologie und den aus ihr resultierenden problematischen Gesellschaftsstrukturen nennenswert zu delegitimieren.
Nach der Krise (ab 2008) wurde die Ausbeutung von Menschen und Natur trotz klar absehbarer fataler Konsequenzen ungebremst fortgesetzt.
Die sich abzeichnende Krise 2020 sollte kommunikativ besser genutzt werden. Z.B.
um Hyper-Globalisierung und Hyper-Mobilität in Frage zu stellen,
um regionale Wertschöpfungsketten und dezentrale Erzeugung zu würdigen,
um die Wichtigkeit von Resilienz deutlich zu machen,
um Verschwendung, Gier und Verantwortungslosigkeit zu diskreditieren,
um Werbung und die durch sie erschaffenen absurden Konsumnormen anzugreifen,
um das destruktive Potenzial des Wettbewerbsprinzips zu betonen,
um die Ökonomisierung des Gesundheitssystems und den Just-In-Time-Ansatz zu kritisieren,
um exponentielles Wachstum zu problematisieren,
um das Narrativ des Marktes als unhinterfragbare Quasi-Gottheit zu dekonstruieren.
Zudem sollten folgende Widersprüche deutlich gemacht werden:
Corona vs. Klima
COVID-19 betrifft überproportional ältere Menschen (aktuell) im globalen Norden. Die politischen Führungen verfügen mit Billigung der Gesellschaft zur Gefahrenabwehr drastische Einschränkungen der Wirtschaftstätigkeit.
Die Klimakrise betrifft dagegen überproportional junge Menschen und den globalen Süden. Die politischen Führungen sabotieren und verzögern seit Jahrzehnten echte Lösungen.
Markt vs. Staat
In guten Zeiten schimpft die Wirtschaft auf staatliche Regulation und das Erheben von Steuern: "Mehr Markt, weniger Staat!".
In Krisenzeiten muss der Staat mit Steuermitteln einspringen um Hilfsprogramme aufzulegen, Banken zu retten, Kurzarbeiter:innen-Geld zu bezahlen, etc.
Das unternehmerische Risiko wird, wo es nur geht, auf den Staat und damit die Allgemeinheit abgewälzt.
In Krisenzeiten wird der kapitalistische Ansatz an das Risiko-Management besonders deutlich: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.
Es geht um Deutungsmuster und Deutungshoheit. Ein an der Menschenwürde orientierter kapitalismuskritischer Nachhaltigkeitsdiskurs muss offen und sachlich geführt werden können.
Die aktuelle Situation eignet sich als Chance, zentrale Begriffe der Postwachstumsbewegung wie "Entschleunigung", "Suffizienz", "Resilienz" und "Dezentralisierung" mit möglichst viel Aufmerksamkeit zu versehen.
These: Der Ausfall von Veranstaltungen, Treffen etc. führt bei vielen Menschen temporär zu mehr Zeit.
Diese könnte u.a. dazu genutzt werden, um aktiv auf den gesellschaftlichen Diskurs Einfluss zu nehmen, z.B. über
Persönliche Gespräche
Leser:innen-Briefe
Stellungnahmen in den sozialen Medien
Eine Hashtag-Kampagne
Aktivierung persönlicher Kontakte mit medialer Reichweite
Eigene Erfahrung: mit direkter persönlicher Ansprache (Kontaktformular) und paralleler Veröffentlichung kann man durchaus Erfolg haben.
All das erfordert sprechfähig zu sein: Im richtigen Moment die passenden Argumente, idealerweise mit Beispielen und Quellen, parat zu haben und zielgruppengenau in Worte fassen zu können. Und Gegenargumente kennen und entkräften können.