Hinweis: Der folgenden Text wurde bei der Degrowth-Konferenz 2020 als Workshop eingereicht. Eine Entscheidung über die Aufnahme ins Programm steht noch aus.
Verbreitete Begründungen von wachstumsorientierter Politik basieren auf dem Gleichsetzen von Konsum mit Glück (bzw. „Nutzen“). Die destruktiven Implikationen fortwährenden Wachstums werden dabei häufig ignoriert und zum Teil geleugnet. Sich diesem Narrativ außerhalb geschützter Sphären entgegenzustellen kann sich anfühlen wie säkulare Blasphemie und erfordert ein hohes Maß an Selbstvertrauen. Hinzu kommt, dass viele Begriffe, die zur Beschreibung und Begründung alternativer („nachhaltiger“) Erzählungen in Frage kommen, durch bisherigen Gebrauch, Missbrauch und geziehlte Diskreditierung verschlissen oder beschädigt sind, so dass sie die für demokratische Zustimmung nötige breite Anschlussfähigkeit nicht haben. Beispiele hierfür sind „Sozialismus“, „Links“, „Grün“ und „Solidarität“. Andere wie etwa „Freiheit“ und „Gerechtigkeit“ werden häufig auch als Legitimation problematischer Politikansätze herangezogen.
Unser Vorschlag ist daher die Etablierung von “Lebensqualität“ als politischem Leitmotiv. Dieser Begriff hat aus unserer Sicht das Potenzial, dem bisher etablierten Cluster „Wohlstand, Konsum, Arbeitsplätze, Wachstum“ als Universalbegründung für kontra-nachhaltige Politik ausreichend inhaltliche Substanz entgegenstellen zu können, ist dabei relativ unverbraucht und bietet weniger Möglichkeit für menschenfeindliche Uminterpretation. Lebensqualität möchte letztlich jeder Mensch, was eine breite Anschlussfähigkeit über die Grenzen sozialer, ökonomischer und kultureller Mikrokosmen hinaus ermöglicht. Aus dieser Position heraus lässt sich dann plausibel auf den Vorrang von Grundbedürfnissen gegenüber Luxusbegierden hin argumentieren sowie der grundsätzliche Anspruch aller Menschen auf ein gutes Leben thematisieren. Dass das Prinzip der entfesselten individuellen Profitmaximierung und das daraus resultierende Wachstumsdogma diesem Anspruch entgegenstehen, ergibt sich dann quasi von selbst.
Ein im Nachhaltigkeits- und Degrowth-Sinn erstrebenswerter Bedeutungskorridor von „Lebensqualität“ muss natürlich noch ausdifferenziert werden. Zudem gilt es Taktiken zu entwickeln, wie bzw. bei welchen Gelegenheiten diese Sichtweise in den gesellschaftlichen Diskurs eingebracht werden kann, um die Widersprüchlichkeit der etablierten Narrative vor breitem Publikum offenkundig werden zu lassen und damit deren Legitimationsanspruch zu dekonstruieren. Genau darum geht es im Workshop.
Der Workshop besteht aus drei Haupt-Teilen:
Die Arbeit in den Kleingruppen besteht jeweils aus moderierten und auf Postern dokumentierten Gruppendiskussionen. Als Impulsquellen stehen bei Bedarf kurze Texte mit unterschiedlichem Kontroversitätsniveau zur Verfügung.